«Mon tour» Neubau Stadtarchiv und Ambulanzgarage, Biel

Die Gebäudevolumen des Projektes reagieren auf verschiedene städtebauliche Massstäbe. Durch die Höhe des turmartigen Volumens wird ein visueller Bezug zum neu entstehenden Herzstück des Entwicklungsgebietes hergestellt, dem Stadtplatz Esplanade du Palais des Congrès und dem Laure-Wyss-Park. Das Gebäude tritt in einen Dialog mit dem skulpturalen Schlauchturm in der Mitte des Gevierts sowie dem Bürohochhaus des Kongresshauses von Max Schlup, strahlt zum Stadtplatz eine physische Präsenz aus und zeigt so den öffentlichen Charakter des Stadtarchivs. Die präzise städtebauliche Setzung des Turmes in den Baufluchten der städtischen Zentralgarage entlang der Mattenstrasse und der Sporthalle Esplanade an der Gartenstrasse schliesst einerseits das Ensemble des Gevierts ab und markiert andererseits eine klare Zäsur gegenüber den kleinmasstäblicheren Gebäudevolumen südlich der Mattenstrasse. Das Volumen der Fahrzeughalle ist zu den Turmfluchten zurückversetzt und übernimmt die Höhe der Zentralgarage. So entstehen stimmige räumliche Situationen zu den architektonisch wertvollen Nachbarbauten des Gevierts – insbesondere ein gassenartiger Raum zu der Zentralgarage – und klare Eingangssituationen zum Strassenraum der Fussgänger- und Veloachse Gartenstrasse und der Mattenstrasse.

Herzstück der Ambulanz Region Biel ist die Fahrzeughalle auf Strassenniveau. Die Betriebsräume sind auf den unteren Geschossen des Turms organisiert, wobei die direkt der Fahrzeughalle dienenden Räume im Erdgeschoss, alle übrigen Räume vom 1. bis zum 3. Obergeschoss angeordnet sind. Einzige Ausnahme ist die Einsatzzentrale im 7. Obergeschoss.
Die Anlieferung des Stadtarchivs mit dazugehörigen Räumen sind im Erdgeschoss angeordnet, die Magazinräume vom 4. – 6. Obergeschoss und die Publikums- und Büroräumlichkeiten in den beiden obersten Geschossen. Das unterste der drei Magazingeschosse im 4. Obergeschoss kann als ganzes Geschoss oder als kleinere räumliche Einheiten zwischengenutzt werden.

Die Materialisierung der Fassaden und deren Ausdruck gehen auf die bestehenden Bauten des Gevierts ein und bilden mit ihnen ein Ensemble. Farblos anodisierte und mattierte Aluminiumbleche umhüllen die Betonstruktur beider Volumen. Die offenen Fugen zwischen den flächenbündigen Blechen, deren Grösse zu den oberen Geschossen zunimmt, und den gleich materialisierten Kastenfenstern gliedern die Fassaden, wobei die offenen Fugen als eine Umkehrung der feinen Aluminiumsprossen der Zentralgarage gelesen werden.Die Raumstruktur im Innern wird durch die Tragstruktur in Sichtbeton und Leichtbauwänden aus Gipskarton gebildet. Im Publikumsbereich bilden Einbaumöbel und Innenwandverkleidungen aus Elsbeerfurnirer einen Kontrast zum Sichtbeton. Der Asphaltbelag auf Niveau Fahrzeughalle zieht sich auch in den Bereich des Turmes, in allen übrigen Geschossen werden schwimmende und fugenlose Böden gegossen: Terrazzo in allen Büro- und Publikumsbereichen und Hartbeton in den Magazin- und Untergeschossen. Die Betondecken werden je nach Anforderungen roh belassen oder mit Bronzemetallgeweben verkleidet.

Die Tragkonstruktion des Neubaus ist in Massivbauweise konzipiert. Beton wird als tragendes und raumbildendes Material eingesetzt, wobei die Ortbetonbauteile in Recycling-Beton ausgeführt werden. Für die Unterbringung der Magazinräume mit sehr hohen Nutzlasten werden die Deckenfelder allseitig linear gelagert. Daraus resultierend werden die Geschossdecken des Turms auf ringsum tragenden Aussenwänden sowie einen in der Symmetrieachse angeordneten Längsunterzug in Ortbeton gelagert. Dies ermöglicht mit lediglich 25cm starken Flachdecken grosse stützenfreie Flächen zu bespielen und damit eine maximale Nutzungsflexibilität zu erzielen. Die betonierten Aussenwände des Turms werden als mehrgeschossige tragende Wandscheiben mit punktuellen Fensterausschnitten erstellt und werden im Bereich der Einzüge (Haupteingang und Anlieferung Stadtarchiv) freitragend ausgebildet. Die eingeschossige Fahrzeughalle wird auf Höhe der Decke über 1.OG mittels einer Rippenstruktur überspannt. Vorgespannte Unterzüge in Ortbeton spannen als Trägerrost regelmässige Deckenfelder auf. Dazwischen werden präfabrizierten T-förmige Rippen mit teilvorfabrizierten Deckenuntersichten eingebaut. Im Bereich des geplanten Schulungsraums im 1.OG läuft die Rippendecke in den Turm und schafft so eine eine strukturelle und räumliche Verbindung zwischen Eingangs- und Fahrzeughalle. Die tragende Wandscheibe löst sich unter der Rippendecke in Stützen auf. Die Stabilisierung gegenüber horizontalen Lasten aus Wind und Erdbeben wird über den durch alle Geschosse durchlaufenden Haupterschliessungskern sowie den zusätzlichen Liftschacht in Ortbeton gewährleistet.

offener, einstufiger Projektwettbewerb, 2017

A. Furrer und Partner AG

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